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Demokratie – Teil 2: Grundgesetz

 

„Sind alle aus der Pause wieder da?“, fragt Professor Beisserstein und eröffnet eine neue Schulstunde.
„Jaaaa!“, antworten die Kinder im Chor.
„Sehr schön! Dann erkläre ich euch nun etwas zu unserem Grundgesetz. Dort ist nicht nur festgehalten, dass Deutschland eine Demokratie ist, sondern auch ein Rechts-, Bundes- und Sozialstaat. Außerdem sind dort die wichtigsten Rechte festgehalten. Wie ihr hört, enthält diese Verfassung sehr viel Wichtiges. Wir fangen daher mal vorne an:
Diese trat 1949 in Kraft und entstand nach dem 2. Weltkrieg. Wisst ihr, was damals in Deutschland geschah?“, fragt der Professor.
„Ganz viele schreckliche Dinge“, seufzt Marie.
„Da hast du Recht. Ich nehme an, ihr habt dazu schon etwas im Geschichtsunterricht gehört?“, erwidert der Professor.
„Ja, so ist es“, antwortet René.
„Nach dem Ende des 2. Weltkrieges sollte nun eine Verfassung formuliert werden, die eine Wiederholung von derart Schrecklichem verhindern sollte.“
„Wie denn das?“, möchte Chantalle wissen.
„Im Grundgesetz ist beispielsweise geregelt, dass es die sogenannte Gewaltenteilung gibt. Dahinter verbirgt sich allerdings nichts Gewalttätiges, wie ihr vielleicht im ersten Moment denkt. Stattdessen geht es darum, dass die Macht, die im Land vom Staat und seinen Organen ausgeübt wird, auf drei unterschiedlichen Säulen verteilt ist:

Durch diese Aufteilung entsteht eine gegenseitige Kontrolle. Die gesetzgebende Gewalt, wie z.B. der Bundestag und der Bundesrat, schreibt und beschließt Gesetzte. Diese werden von den Verwaltungen, der Polizei und den Regierungen ausgeführt. Die Aufgabe der Gerichte ist es, Urteile zu sprechen. Dabei verurteilen sie Straftäter, die sich nicht an die Gesetzte halten. Es kann aber auch jeder eine Klage bei einem Gericht einreichen, wenn er glaubt, dass bestehende Gesetzte auf ihn nicht rechtmäßig angewendet wurden.“
„Aber wie wird denn so ein Krieg verhindert?“, fragt Chantalle.
„So kann natürlich kein Krieg verhindert werden. Es kann aber vermieden werden, dass sich wieder zu viel Macht in einer Person oder einer Personengruppe bündelt. Durch die Aufteilung in der Verfassung kann z.B. keine Regierung ohne die Zustimmung weiterer Organe, wie z.B. dem Bundestag, Gesetze erlassen und sich so mehr Macht aneignen als die Verfassung vorsieht. Sie können auch keine Urteile gegen politische Gegner aussprechen, da das die Aufgabe der Gerichte ist zu urteilen und diese keine politischen Ziele verfolgen.“
„Herr Professor!“, meldet sich Marie zu Wort. „Sie haben jetzt schon zwei Mal von ‚Organen‘ gesprochen. Ich kenne nur Herz, Niere usw. Was hat das denn mit Politik zu tun?“
„Gut, dass du fragst! Damit gemeint sind die, Institutionen, die im unteren Teil meines Schaubilds stehen. Ich schlage vor, Details erzähle ich euch in unserer nächsten Stunde. Bist du damit einverstanden?“
„Na gut“, erwidert Marie.
„Jetzt möchte ich mit euch nämlich zunächst einen weiteren wichtigen Bestandteil des Grundgesetztes besprechen: die Grundrechte. Ein Grundrecht ist die freie Meinungsäußerung. Ein anderes die Versammlungsfreiheit. In Verbindung mit der Gewaltenteilung kann so verhindert werden, dass es dazu kommt, dass eine einzelne Person uneingeschränkt Gesetzte erlassen kann und über das Land herrschen kann.“
„Für wen gelten den diese Rechte?“, fragt Marie.
„Diese Recht gelten für alle, also jeden einzelnen. Es sind die wesentlichsten und zentralsten, die für uns gelten. Daher dürfen sie in ihrem Kern nicht verändert werden und stehen gleich zu Beginn. Ich fasse sie für euch mal zusammen:“

„Das sind aber ganz schön viele!“, staunt Marie.
„Das stimmt. Aber sie sind alle sehr wichtig für unseren Alltag,“ entgegnet ihr der Professor.
„Warum steht denn ‚freie Berufswahl‘ im Gesetz? Das ist doch selbstverständlich!“, sagt Chantalle.
„Früher war es das nicht. Am deutlichsten wird es bei den Menschen, die wie Sklaven behandelt wurden. Sie konnten sich ihren Beruf nicht aussuchen. Das ist zum Glück heute anders. Dennoch gibt es in einigen Bereichen Einschränkungen. So darf man sich nur ‚Arzt‘ nennen, wenn man eine bestimmte Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hat. Auch der Zugang zum Studium ist durch Zulassungsvoraussetzungen, wie einem bestimmten Notendurchschnitt im Abitur, eingeschränkt“, erklärt der Professor.
„Auf das ‚Recht auf Schule‘ könnte ich manchmal gut verzichten…“, wirft René ein.
„Sehe ich auch so!“, stimmt Chantalle zu.
„Auch, wenn euch die Schule manchmal nervt und ihr keine Lust habt, ist es doch ein sehr wichtiger Punkt. Es war nicht immer selbstverständlich, dass jeder zur Schule gehen konnte. Insbesondere Mädchen waren lange Zeit benachteiligt. Ihr müsst euch im Klaren darüber sein, dass alle diese Freiheiten und Rechte, die für euch selbstverständlich sind, es früher nicht waren. Ihr solltet sie zu schätzen wissen und euch deren Wert bewusst sein. Das ‚Recht auf die Unverletzbarkeit der Wohnung‘ verhindert, dass beispielsweise die Polizei oder jemand anderes ohne eure Zustimmung in eure Wohnung eindringen darf“, erklärt der Professor.
„Es gibt aber doch diese Durchsuchungen von der Polizei!“, entgegnet René.
„Das ist richtig! Aber die Polizei darf nur deine Wohnung kontrollieren, wenn sie einen Grund vorzuweisen hat. Einer wäre, dass vermutet wird, dass du eine Straftat verübt hast. Diesen muss sie bei einem Gericht vortragen und eine Erlaubnis einfordern. Da wären wir wieder bei meinem Tafelbild vom Anfang, der Gewaltenteilung. Auch die Polizei darf nicht einfach so ein Grundrecht übergehen. Es ist dafür die Zustimmung einer weiteren ‚Gewalt‘ notwendig und es entsteht eine Kontrolle.“
„Herr Professor! Ich habe da mal eine Frage zur Meinungsfreiheit. Die hat doch auch ihre Grenzen! Ich könnte doch zum Beispiel nicht einfach sagen: ‚Professor Beisserstein ist doof!‘ also… verstehen Sie mich nicht falsch. Ich meine das natürlich nicht so! Ich… Ich brauchte jetzt nur ein Beispiel…“, stottert Marie mit rotem Kopf vor sich hin.
Der Professor schmunzelt: „Ich weiß schon, was du meinst. Aber du dürftest das schon sagen. Dennoch hast du recht damit, dass das ein sehr schwieriger Bereich ist. Für dich selber kannst du vielleicht im Kopf behalten ‚Die Freiheit für einen einzelnen endet dort, wo die Freiheit für einen anderen anfängt!‘ Wenn es darum geht, dass du deine Meinung äußern willst, solltest du immer überlegen, ob du nicht damit jemand anderem eine Freiheit oder ein Recht nimmst. Um auf dein Beispiel zurückzukommen: Wenn du mit deiner Meinungsäußerung erhoffst, dass ich nicht weiter unterrichte, nimmst du deinen Schulkameraden das Recht auf Bildung“, erklärt Prof. Beisserstein augenzwinkernd.
„Das würde ich nie wollen!“, erwidert Marie verlegen.
„Das weiß ich doch“, sagt der Professor beruhigend. „Aber dein Beispiel zeigt, dass für uns viele Grundrechte selbstverständlich sind, über die Auslegung und Anwendung jedoch viel diskutiert werden kann. Nichtsdestotrotz sind sie unentbehrlich und sehr wertvoll. Jetzt entlasse ich euch aber in die Pause! Und in der nächsten Stunde sprechen für über die staatlichen Organe.“